Punk is sick, don’t let it die…
War Punk nicht mal politisch? Steht Punk nicht für Freiheit? Für Gleichberechtigung? Wir haben Punk so satt. Aber eigentlich nicht. Was wir wirklich satthaben, ist dieser ekelhafte Sumpf aus sexualisierter Gewalt, Machtmissbrauch, Täterschutz und überhaupt all diesen toxisch cis-männlichen Verhaltensweisen.
Wir sind ein loser Zusammenschluss von FLINTA* Punks, die aus eigenen extremen Gewalterfahrungen heraus beschlossen haben, sich das nicht länger gefallen zu lassen. Es hieß irgendwann entweder uns aus der Szene komplett zurückziehen oder sie revolutionieren. Wir haben uns für Letzteres entschieden. Wir entwickelten die Idee, nützliche Konzepte und Handlungsansätze der gesamten Szene zugänglich zu machen, um tatsächlich die vorherrschenden Strukturen zu verändern. Denn DASS es sexualisierte und geschlechtsbasierte Gewalt in der Szene gibt, ist mittlerweile Allen bekannt. Wir legen unseren Fokus dagegen auf die Frage nach dem WIE (das lest ihr unter „Was wir machen“). Wie mit Gewalterfahrungen umgegangen werden kann. Wie mit Täter_innen gearbeitet werden kann. Wie geschlechtsspezifische Gewalt zukünftig verhindert werden kann. Wie die Szene zu einem sicheren Ort für alle werden kann.
Auch innerhalb der Punkcommunity herrschen die gleichen patriarchalen Macht- und Ungleichheitsverhältnisse, die intersektional mit anderen Diskriminierungsstrukturen wie Klassismus, Ableismus, Rassismus usw. verschränkt sind, wie in der Gesamtgesellschaft bzw. anderen Communities. Wir machen es uns zur Aufgabe, die Community (wieder) zusammen-zubringen; die gesamte Punkcommunity zu verändern, sodass sich alle Menschen wohl und sicher fühlen können. Wir wollen FLINTA* Punks ermutigen, sich gegen die alltägliche geschlechtsbasierte Gewalt und Machtausübung zu wehren und das Wort zu erheben, sich Raum anzueignen und die Community nach ihren Vorstellungen mitzugestalten. Denn jedes Einschreiten, jedes Wort, jede kämpferische, emanzipatorische Handlung bei geschlechtsbasierter Gewalt hilft, die Szene zu verändern.
Uns ist dabei bewusst, dass dies kein leichtes Unterfangen, oft unmöglich und durchaus gefährlich für Betroffene sein kann. Uns gegen die alltäglich stattfindende Gewalt in und außerhalb unserer eigenen Community nicht zu wehren und eine Szene, die wir lieben und die uns allen gehört, Mackern zu überlassen, ist jedoch keine Option.
Wir bewegen uns in dieser Szene dauerhaft zwischen Wut und Liebe.
Wir sind wütend über die Gewalt, die uns angetan wird. Wütend über die Macker und ihr ekelhaftes Verhalten, das uns den Aufenthalt in Punkräumen teilweise unerträglich macht. Wütend darüber, welche Chancen uns genommen wurden, z. B. uns als Musiker*innen selbst zu verwirklichen, weil man uns von Beginn an klar gemacht hat, dass der Platz auf der Bühne für Männer reserviert ist. Sofern es eine weiblich gelesene Person dennoch auf die Bühne geschafft hat, wird nicht ihre Musik beachtet, sondern ihr Körper objektifiziert. Es stehen dennoch hauptsächlich cis-männlich gelesene Personen auf den Bühnen, die nicht selten die damit einhergehende Macht für sexualisierte Gewalt ausnutzen (Machtmissbrauch). Es wird unter dem Deckmantel der Freundschaft Täterschutz und victim blaiming von Berlin bis in die bayerische Provinz betrieben. Wir sind wütend über die stetig neu aufgedeckten Vorfälle von Gewalt und Machtmissbrauch. Wir sind wütend darüber, dass die Szene von Männern dominiert wird. Denn damit dominiert auch ein hegemonial-männliches Verhalten in der Szene, d. h. laut, pöbelnd, rücksichtslos, physisch stark und emotional hart. Wir sind wütend darüber, dass auch eine Community, die eigentlich für libertäre Gedanken steht, es nicht schafft, echte Gleichberechtigung zu leben. Aber in unserer Wut steckt revolutionäre Kraft. Der Wut gegenüber steht unsere Liebe zur Punkmusik. Die Liebe zur Community und zu dem Lebensstil, der eigentlich Freiheit, Solidarität und gegenseitige Hilfe verspricht. Wir lassen uns das nicht von Mackern nehmen. Wir kämpfen dafür, dass auch in der Punkcommunity ein sanfter Umgang miteinander möglich ist, statt ständig mackermäßig rumzupöbeln. Wir glauben daran, dass Punk für alle schön sein kann; dass es sich lohnt, die Szene zu revolutionieren; dass Punk es wert ist, gerettet zu werden.